Respekt und Wertschätzung in der Pflege

„Wir müssen einander achten – und wir müssen aufeinander achten.“

Die Präsidentin des Deutschen Bundestages, Bärbel Bas, hat ihn am 3. Oktober 2022 im Rahmen der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit gesagt. Und damit hat sie mehr als Recht.

Doch schauen wir uns das an und spielen wir dieses Postulat einmal für die Menschen in den unterschiedlichsten Pflegeberufen durch. Immerhin sind sie ja förmlich der Inbegriff von „aufeinander Achtgeben“ sowie von „sich Kümmern und Versorgen“. Wenn das aber so ist – warum geben wir als Gesellschaft so wenig acht auf die Menschen in den Pflegeberufen?

Ausgebrannt und ausgelaugt, unterbezahlt und überarbeitet. Auf dem Weg in den dritten Corona-Winter ist die Luft mehr als raus in den Pflegeheimen, Kliniken und Krankenhäusern. Klar, zu Beginn der Corona-Pandemie, da haben wir noch auf den Balkonen gestanden und geklatscht. Und das auch aus tiefstem Herzen und vollster Überzeugung. (Wobei sich mir ein wenig der Verdacht aufdrängt, dass wir mit diesen Dankesbekundungen auch ein klein wenig unser schlechtes Gewissen dahingehend kaschieren wollten, diese unhaltbaren Zustände viel zu lange einfach so hingenommen zu haben.) Doch die Rahmenbedingungen für die so wichtige Welt der Pflege, die werden nicht auf Balkonen festgelegt, sondern im Bundestag und in den entsprechenden Ministerien.

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich morgens im Radio gehört – und es kaum glauben können – dass der versprochene Corona-Bonus in vielen Fällen noch gar nicht ausgezahlt worden bzw. bei den entsprechenden Personen angekommen sei!

Ist das wirklich so?

Wo bleibt da der Respekt?

Kein Wunder, dass viele der Pflege den Rücken kehren und sich neue Berufe suchen. Nicht, weil sie den Job nicht mehr mögen würden. Ganz und gar nicht, sondern vielmehr, weil sie nicht mehr können: sie sind einfach fertig, müde und leer!

Und die Gründe dafür sind durchaus älter als ein relativ neuartiges SARSCoV-2-Virus. Ein Artikel in „Die Schwester, der Pfleger“ bringt es auf den Punkt: „Es scheint, als wäre in unserer Gesellschaft des Wohlstands im Gesundheitsbereich von allem zu wenig vorhanden: zu wenig Zeit, zu wenig Personal, zu wenig Lob und Wertschätzung (…)“.

Das wird übrigens genau so auch auf dem Deutschen Pflegetag zur Sprache kommen, der – während ich diese Zeilen schreibe – in Berlin stattfindet: zu wenig Personal, zu hohe Kosten, zu wenig Wertschätzung.

Was also tun? Und wie?

Ich plädiere dafür, die Probleme von hinten aufzuzäumen und mit der Wertschätzung anzufangen, es endlich mal ernst nehmen mit dieser „Wunderwaffe“. Respekt in der Pflegebranche wirklich leben – und nicht nur davon reden. Auch, wenn es uns etwas kostet. Dann lösen sich zwar nicht alle Probleme in Luft auf. Aber es bleibt ganz sicher nicht beim Alten. Es wird sich etwas bewegen. Garantiert!

Tim Niedernolte

Der Autor

  • Moderator „Das Berlin Projekt“ (Langzeit-Doku) / RTL Zwei 2021
  • Moderator „Hallo Deutschland“ / ZDF seit 09/2014
  • Moderator „Respekt! Die Kraft die alles verändert“ / bene! Verlag, 2020
  • Moderator „Wunderwaffe Wertschätzung“ / adeo Verlag, 2018