Prolog: Freunde im Alter
Wie man wahre Freunde finden kann
Mit steigendem Alter verändern sich bekanntlich viele Dinge im eigenen Leben – so auch oftmals unsere zwischenmenschlichen Beziehungen. Daraus kann ein Gefühl von Einsamkeit resultieren. Generell kann dieses natürlich jeden betreffen, doch gerade ältere Menschen leiden häufiger darunter als andere Altersgruppen.
Und das Thema Einsamkeit ruckt immer mehr in den Mittelpunkt. Bereits im Juni 2022 gab Familienministerin Lisa Paus den Startschuss für eine „Strategie gegen Einsamkeit“. Erklärtes Ziel sei es, das Thema in Deutschland genauer zu untersuchen und der Einsamkeit so stärker zu begegnen.
Eine Schwierigkeit, die Menschen nach ihrem aktiven Berufsleben oftmals begegnet, ist die Frage danach, wer bzw. was denn eigentlich ein wahrer Freund ist und welche Eigenschaften ein solcher hat. Oftmals nehmen Menschen, bei Männern kommt dies besonders häufig vor, ihre Arbeitskollegen auch als ihre Freunde wahr.
Auf eine Art und Weise mag das ja so zutreffen. Man hat beinahe täglich Kontakt miteinander oder arbeitet an gleichen Projekten, macht Späße zwischendurch und genießt den Büroplausch bei einer Tasse Kaffee. Dies alles sind Merkmale, die Menschen auch mit ihren echten Freunden verbinden und die sie auszeichnen.
Allerdings erkennen manche nach dem Eintritt in den Ruhestand, dass es sich bei den beruflichen Verbindungen eben „nur“ um Kolleginnen und Kollegen gehandelt hat. Sobald die gemeinsame Basis – der Arbeitsplatz – wegfällt, schläft dann auch die Beziehung ein.
Oft bleiben ehemalige Kolleginnen und Kollegen noch lange befreundet und man sieht sich immer wieder, aber dies stellt meist die Ausnahme dar. Das Miteinander, das man über lange Zeit hatte, basierte eben meist nicht auf zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern eher auf beruflicher Zusammenarbeit. Daher müssen viele Menschen in dieser Lebensphase ganz neu definieren, was „echte“ Freunde überhaupt ausmacht und wo man diese kennenlernen kann.
Anpassung an das veränderte Umfeld
Wahrscheinlich lernen wir unsere ersten Freunde im Kindergarten oder in der Schule kennen. Sodann später noch weitere in der Ausbildung, gefolgt von Studium, Beruf und ähnlich gelagerten Bedingungen.
In späteren Lebensphasen müssen wir selbst aktiv werden und solche Momente schaffen, in denen wir überhaupt Freunde kennenlernen können, denn sie stehen nicht plötzlich vor der Tür.
Im Ruhestand ist es gewissermaßen so, dass wir nicht verpflichtet sind, uns irgendwo investieren zu müssen. Das Geld fließt häufig durch die Rentenzahlung aufs Bankkonto.
Einen Arbeitsplatz gibt es meist nicht mehr. Und die tägliche Routine wie beispielsweise der Einkauf oder auch der Gang zu einem Amt lassen sich eigentlich nicht als sozialer Kontakt bezeichnen.
Manchen Menschen fällt es schwer, neue Kontakte zu finden
Bei älter werdenden Menschen nimmt die Zahl der Gelegenheiten ab, in denen sie leicht neue Freundschaften schließen können. Manche dieser Ursachen liegen wohl auf der Hand: Menschen im höheren Alter fühlen sich oftmals nicht mehr so kraftgeladen, sie sind vielleicht auch nicht mehr so schnell zu begeistern für ganz neue „Dinge“.
Wohingegen sie in jungen Jahren schon mal an einem Wochenende mit weniger Schlaf auskommen konnten und sich trotzdem leistungsfähig fühlten. Diese nachlassende Leistungsfähigkeit, gegebenenfalls in Kombination mit gesundheitlichen Einschränkungen, können folglich die Bereitschaft verhindern, sich intensiv zu engagieren und die eigenen Kräfte zu mobilisieren.
Eine weitere Ursache ist wohl eher mental bedingt: Je älter Menschen werden, umso mehr belastende Situationen haben sie wahrscheinlich bereits erlebt. Solche Erfahrungen können sich aufstauen, und so verfallen manche dieser Personen in eine gewisse Resignation.
Letzteres macht sich bemerkbar durch Aussagen wie „Warum soll ich dieses oder jenes tun?“ oder „Es hat doch keinen Zweck“. Ebenso ist häufiger zu erleben, dass es nicht mehr so leichtfällt, anderen Personen zu vertrauen, die nicht zum engen Umfeld gehören. Aber: Vertrauen ist eine wichtige Grundlage und unverzichtbar für jede Freundschaft.
Manchmal können Fragen aufkommen wie „Ist diese Person wirklich an mir interessiert oder möchte sie mich womöglich nur ausnützen?“.
Bedingt durch diese beschriebenen körperlichen und seelischen Faktoren wird verständlicher, warum manche Menschen im höheren Lebensalter für sie unbekannte und neue Menschen nicht mehr an sich heranlassen möchten.
Dies mag natürlich bis zu einem gewissen Punkt verständlich sein. Allerdings bekommt man hierdurch keine solche Antwort, die einem bei der eigentlichen Frage und Sehnsucht weiterhelfen würde, nämlich: wie man neue Freunde im Alter findet.
Wäre Verzicht eine gute Lösung?
So könnte hier die Frage gestellt werden: Sind Freunde überhaupt wichtig? Was ist, wenn ein Mensch gut allein und ohne fremde Hilfe zurechtkommt? Für einen gewissen Zeitraum mag das keine Schwierigkeit darstellen. Personen, die eher introvertierte Merkmale aufweisen, können oft auch sehr gut allein Zeit verbringen und brauchen häufig nicht viele Kontakte zu anderen Menschen. Doch es besteht ein großer Unterschied zwischen „einigen wenigen“ und „gar keinen“ Kontakten.
Wenn wir Freunde haben, dann helfen uns diese, wenn wir sie dringend brauchen. Sie können uns korrigieren, wenn wir uns falsch verhalten. Sie können einen wichtigen Gegenpol zu unseren persönlichen Meinungen darstellen und uns hierdurch neue Sichtweisen aufzeigen. Unsere Freunde sind deshalb nicht nur als Helfer in unserem herausfordernden Alltag zu verstehen, sondern ebenso als wichtige Impulsgeber, um auf Dauer mental und körperlich gesund zu bleiben und nicht das Interesse an neuen Dingen in unserem Leben zu verlieren.
Wir stellen fest, dass Freunde für ein erfülltes Leben tatsächlich ein Leben lang sehr wichtig sein können. Ein höheres Lebensalter sollte somit möglichst kein Hinderungsgrund für uns sein, um auf neue Kontakte verzichten zu wollen. Wir sollten vielmehr in für uns lohnende Freundschaften investieren.
Wie man im Alter Freunde finden kann
Es gibt viele Möglichkeiten und Wege, um der Einsamkeitsfalle im höheren Alter zu entgehen. Hierfür ist es an sich niemals zu spät. Die nachfolgenden Tipps können helfen:
Überlegenswert ist, wo wertvolle Gemeinschaft mit anderen Menschen entstehen kann. Wohl eher nicht zu Hause, so viel steht fest. Doch ganz gleich, ob Kochkurs, Tanzschule, Seniorengruppe in der Gemeinde vor Ort oder in der Sportgruppe – hier ist es möglich, andere Menschen mit ähnlichen oder denselben Interessen zu treffen und neue Kontakte aufzubauen.
An manchen Orten in Stuttgart wird auch regelmäßig ein Mittagstisch angeboten. Besonders dort ist ein lockeres Zusammenkommen von ganz verschiedenen Menschen möglich.
Mit dem Beginn und dem Eintritt in den Ruhestand wird das Gefühl, noch eine Aufgabe zu haben, für viele Menschen wichtig. Ob nun Leih-Großeltern, als Integrationshelfer oder Helfende bei Hausaufgaben oder bei der Mitarbeit in einem ambulanten oder stationären Hospizdienst – in Stuttgart gibt es sehr viele Möglichkeiten, ein Ehrenamt zu übernehmen. Und bei dieser Arbeit können sehr wertvolle neue Kontakte entstehen. Die relevanten Informationen dazu erhalten Sie zum Beispiel auch bei den Pflegedienstleitungen der Diakoniestation Stuttgart oder bei der Freiwilligenagentur der Stadt Stuttgart.
Sportgruppen für ältere Menschen können zudem sehr hilfreich sein. Die Bewegung in Gemeinschaft hilft zum einen dabei, fit zu bleiben. Zum anderen sorgen die regelmäßigen Termine dafür, dass man sich in der festen Gemeinschaft kennenlernt und sich über die Zeit möglicherweise sogar anfreundet.
Zu manchen alten Freunden oder Bekannten hat man im Laufe der Zeit den Kontakt verloren. Manchmal kann es schön sein, solche alten Kontakte wieder aufleben zu lassen. Oftmals ist die Freude ebenso auf der Gegenseite groß.
Ganz neue Bekanntschaften und Freundschaften können Sie aufbauen, auch wenn Sie nicht mehr so beweglich sein sollten. Lassen Sie sich doch, wenn möglich seitens Ihrer Familie oder ehrenamtlich Helfenden, dabei unterstützen, zu einer für Sie passenden Veranstaltung zu kommen.
Sie können sogar Kontakte pflegen, indem Sie jemanden aus der Nachbarschaft oder Bekannte zu sich nach Hause einladen.
Zudem können die modernen digitalen Medien eine echte Hilfe sein. Das Schreiben von E-Mails und die Videotelefonie helfen Ihnen, mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben.
Tanzen ist ein guter Start
Das Tanzen ist eine wunderbare Möglichkeit, um neue Kontakte zu anderen Menschen zu finden. Die Bewegungen beim Tanzen verbinden körperliche Anstrengung mit Präzision. Außerdem macht Tanzen wirklich vor keiner Altersgruppe halt.
Wer sich nicht mehr fit fühlt wie vor drei Jahrzehnten, soll sich nicht ausgeschlossen fühlen: In Tanzgruppen für ältere Menschen geht es nicht um Leistung, sondern dort soll eher das Gemeinschaftsgefühl im Mittelpunkt stehen.
Die Rahmenbedingungen einer Tanzveranstaltung können Menschen dazu bringen, aufeinander zuzugehen und sich kennenzulernen. Solche Tanzgruppen gibt es auch in Stuttgart und sie freuen sich normalerweise über alle Interessierten – in der Regel wird man dort sogar sehr willkommen geheißen.
Marc Ellinghaus