Mutmachgeschichten

Der Seele ein Lächeln schenken

„MUT MACHEN“ ist in diesen ungewöhnlichen und zehrenden Monaten von immenser Bedeutung. Jeden Tag aufs Neue. Wir müssen Abstand halten, gleichzeitig brauchen wir gerade jetzt viel Nähe. Mit unserem Schwerpunktthema „Mutmachhgeschichten“ möchten wir Ihnen in dieser Ausgabe zeigen, wie das innerhalb der Diakoniestationen bereits gelebt wird.

Corona wird uns verändern, jeden Einzelnen und die ganze Bevölkerung, nicht nur in unserer schönen Stadt. Da sind wir uns sicher.

Es gibt plötzlich eine Welle der Solidarität, Menschen helfen sich gegenseitig, achten aufeinander, machen sich Mut. Manche gehen auf ihren Balkon, um zu singen und miteinander zu musizieren. Sie suchen den Kontakt, winken sich zu, nehmen sich wieder wahr, ein neues Nachbarschaftsgefühl entsteht.

Künstlerinnen und Künstler geben über Facebook, Zoom und YouTube Konzerte oder erteilen Trommelunterricht, andere lesen Gedichte, eigene Texte oder Kapitel aus ihren Lieblingsbüchern vor. Über Twitter oder auch über ausgelegte Flyer wird Nachbarschaftshilfe organisiert und Menschen bieten an, mit anderen, die sich einsam fühlen, zu skypen oder auch zu telefonieren.

Wir erfahren gerade, wie unbedeutend mancher Konsum ist, wie er uns von Werten, die uns eigentlich mal wichtig waren, entfernt hat. Wir besinnen uns in Zeiten von „Lockdown“ und „Lockdown light“ auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben, auf die geliebten Menschen und auf das Miteinander, das Füreinander, das Zueinander. Auf das Eingebundensein und Getragenwerden in und von einer Gesellschaft. Und wir erkennen wieder unsere Stärke.

Gerade in unserer Diakoniestation Stuttgart werden Werte wie Solidarität und Hilfsbereitschaft unter den Kolleginnen und Kollegen wie auch im Umgang mit den uns anvertrauten Menschen selbstverständlich gelebt.

Laternen

Und mit viel Kreativität schaffen wir immer wieder Lösungen, die uns allen helfen, die großen Herausforderungen der Corona-Zeit zu bewältigen.

Wir sehen so viele Menschen, die eigentlich verzweifelt sein müssten, Menschen, deren Existenz auf dem Spiel steht. Trotzdem erleben wir hier viel Zuversicht, Gelassenheit und auch Mut.

Irgendwann, in hoffentlich naher Zukunft, wird es heißen: Wir haben es gemeinsam geschafft, das Virus ist verdrängt. Dann werden wir auf die Straße laufen, uns umarmen, miteinander weinen, lachen und feiern

Diese Pandemie wird uns alle, jeden Einzelnen von uns, verändern. In der Zeit nach Corona wird vieles nicht mehr sein, wie es war. Davon sind wir ziemlich überzeugt.

Aber die Hoffnung ist groß, dass wir dann gelernt haben, das zu tun, was uns wirklich trägt: sich solidarisch zeigen mit Menschen, die sich in einer Notlage befinden.

Die Redaktion der „miteinander“

Parade

Musik schenken

Aufgrund der Corona-Pandemie kam es auch in unserer Krankenwohnung zu einem lang anhaltenden Besuchsverbot. An manchen Tagen litten die Angehörigen und die Bewohner sehr darunter. Die Mitarbeiterinnen der Krankenwohnung gaben ihr Bestes, um die Bewohner zu trösten, aufzuheitern und Nähe und Geborgenheit zu vermitteln. Im April machte mich dann Pfarrerin Roos aus der Petrusgemeinde auf die Aktion „Musik schenken“ der Stiftsmusik Stuttgart aufmerksam.

Mit dieser Aktion unterstützte die Stiftung zum einen Musikstudenten, denen durch ausfallende Konzerte das notwendige Geld für den Lebensunterhalt fehlte. Zum anderen organisierte sie mit den Musikern kleinere Konzerte im Freien speziell für Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben. So konnten im Mai und im Juni auch die Bewohner der Krankenwohnung, in warme Decken gehüllt, auf dem Balkon der Musik lauschen. Hingebungsvoll spielten zwei junge Musiker eine halbe Stunde lang klassische Melodien und Lieder. Für unsere Bewohner, unsere Mitarbeiter und mich war die Musik ein unvergessliches Erlebnis, das nicht nur mich zu Tränen gerührt hat.

Susanne Hermann,
Leitung Krankenwohnung Diakoniestation Stuttgart

Kuchenstück

Vielen Dank für die liebe Geste

Wir sind noch da!

Im Frühjahr dachten wir zunächst wie viele andere auch, dass das neu aufgetretene Virus so ist wie viele andere Viren vor ihm. Wir fühlten uns sicher, da das Qualitätsmanagement der Diakoniestation gut durchdacht ist und wir gelernt haben, mit multiresistenten Keimen und auch mit Viren zu leben und zu arbeiten. Dann explodierten die Preise für Schutzmasken und Desinfektionsmittel. Es kam zu Lieferengpässen und unsere Vorräte neigten sich dem Ende zu. Das Hygienekonzept musste überarbeitet werden und wir organisierten einen versetzten Arbeitsbeginn, um möglichst wenig Kontakt zu provozieren. Die Einhaltung der sozialen Distanz traf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schwer. Menschen brauchen Nähe. Eine kurze Umarmung, ein kleiner „Schulterklopfer“ waren nicht mehr möglich. Wir arbeiteten alle an der Leistungsgrenze und manches Mal auch darüber. Einige konnten dem Druck, der ständigen Anspannung, der Sorge um die eigene Gesundheit nicht standhalten. Sie brauchten eine Auszeit.

Familie

Solidarität und Zuversicht

In dieser Zeit geschah aber auch vieles, was Mut macht. Die Diakoniestation pflegte den Vater eines Handwerkers. Dadurch erlebte er hautnah, in welcher Situation die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diakoniestation waren. Er wandte sich an den Handels- und Gewerbeverein, dessen Mitglied er ist, mit der Bitte nachzufragen, ob es in den Betrieben nicht noch ein paar FFP2-Masken gibt – die würden in der Diakoniestation doch dringender gebraucht. Und tatsächlich konnten einige Betriebe der Diakoniestation Masken abgeben!

Die Solidarität hatte Bestand, sowohl zwischen den diakonischen Einrichtungen im Stadtteil als auch mit der Diakoniestation in Stuttgart. Gemeinsam konnten und können wir den Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie auch der Menschen, die sie in ihrer Häuslichkeit pflegen, sicherstellen. Solidarität zeigten auch die vielen Menschen, die Stoffmasken in der Diakoniestation vorbeibrachten, die wir dann verteilen konnten.

Was mich jedoch am meisten beeindruckte und noch immer beeindruckt, sind die Freundlichkeit, die Wärme und Herzlichkeit, die ich erlebe, wann immer ich in die Diakoniestation komme. Ich kenne die Sorge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ob wir am nächsten Tag noch in der Lage sind, Menschen zu pflegen und zu versorgen. Und trotz alledem erfahre ich – bei aller gebotenen körperlichen Distanz – Zuversicht und Nähe.

Ich danke der Pflegedienstleitung für den Satz: „Wir sind noch da!“ Es gibt uns noch. Wir können, wenn auch mit größerem Aufwand, Menschen pflegen und versorgen und Angehörige in ihrer Pflege unterstützen.

Volker Zeitler,
Geschäftsführer Diakoniestation
Möhringen – Sonnenberg – Fasanenhof

Zusammenhalt