Kennen Sie schon …
Sieben Fragen an: Melanie Kuball
(Stellvertretende Pflegedienstleiterin Pflegebereich Mühlhausen)
1. Was macht Sie glücklich?
Dass ich morgens aus dem Bett rauskommen kann und zur Arbeit fahre.
2. Worüber ärgern Sie sich?
Wenn Kunden, aus meiner Sicht, mehr Hilfe benötigen, diese aber trotzdem nicht annehmen wollen.
3. Wie tanken Sie auf?
Ich mache Sport. Und wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, kommen mir zwei (Siam-)Kater entgegen und wollen gestreichelt werden. So kann ich gut auftanken und abschalten.
4. Was ist Ihr Lieblingsspruch?
„Geduld ist eine Tugend“ ist mein persönlicher Ansporn, weil „ich bin ich“, und ich kann mich nun mal nicht teilen.
5. Was gefällt Ihnen an Ihrem Arbeitsplatz?
Mir gefällt es hier in Mühlhausen: die Umgebung, die Menschen – und – ganz wichtig, alle Mitarbeitende, denn wir haben bei uns ein super Arbeitsklima und wir arbeiten alle gut zusammen. Dies ist aus meiner Sicht wertvoll!
6. Welche Persönlichkeit fasziniert Sie?
Ich habe da kein Vorbild oder eine Persönlichkeit vor Augen. Mir ist wichtig, dass ich ein Vorbild für andere Menschen sein kann.
7. Wenn Sie die Welt verändern könnten, würden Sie anfangen mit …
… unseren kleinsten Menschen. Denn unsere Kinder sind die, die unsere Welt noch verbessern können. Dazu gehört richtige Erziehung, Selbstständigkeit, Respekt, Freundlichkeit, Menschlichkeit, Verständnis u. v. m. Melanie Kuball (stellvertretende Pflegedienstleiterin Pflegebereich Mühlhausen) wurde interviewt von Sylvia Rauscher
Bericht von einer Tagestour im Pflegebereich Mühlhausen
Wenn Sie heute die aktuelle „miteinander“-Winterausgabe in Händen halten, ist der heiße Sommer 2023 mit Temperaturen um die 33 Grad längst vorbei.
Bei unserer Tagestour ist es jetzt 7:30 Uhr. Und anstelle mit der Stadtbahn unterwegs in mein Büro zur Geschäftsstelle nach Bad Cannstatt zu sein, führt mich mein heutiger Weg in den Pflegebereich Stuttgart-Mühlhausen.
Dort werde ich herzlich in den Räumen der Diakoniestation Stuttgart in Empfang genommen – zum einen von Helmut Schumacher (Pflegedienstleiter), zum anderen von Melanie Kuball (stellvertretende. Pflegedienstleiterin), die ich heute auf ihrer Tour begleiten darf. Wir melden uns am Tablet an, und die Vorbereitungen zur heutigen Tour können beginnen. Die Schlüssel zu den Wohnungen der Kunden werden gerichtet und dann wird geschaut, ob noch weitere Unterlagen mitgenommen werden müssen – und schon geht es los!
Gleich die erste Kundin überrascht mich. Ich hätte mit einer älteren Dame oder einem älteren Herrn gerechnet – doch es erwartet uns eine Kundin mittleren Alters, die sich aufgrund einer Armverletzung die Kompressionsstrümpfe nicht selbst anziehen kann. Mir wird bewusst, wie schnell man beispielsweise, wie hier durch einen Fahrradsturz, in eine Lage geraten kann, in der man plötzlich auf Hilfe angewiesen ist. Wie gut, dass es hierfür Lösungen gibt!
Weiter geht es zurück ins Auto und ein paar Straßen weiter in den zweiten Stock. Wir merken, wir werden erwartet: „Schön, dass Sie da sind!“, ruft es aus dem Wohnzimmer. Die Medikamente werden unter unseren aufmerksamen Blicken eingenommen, es wird ein kleiner Plausch gehalten und sichergestellt, dass bei der Hitze auch genügend Wasser zum Trinken griffbereit steht.
In den kurzen Gesprächen habe ich den Eindruck, dass Melanie Kuball nicht nur vorrangig ihre auszuübende Tätigkeit im Blick hat, sondern unterschwellig und scharfsinnig erfasst, wo es weiteren Hilfebedarf gibt. Aber auch vor verschlossener Tür stehen wir an diesem Tag zweimal. Einmal, weil trotz Hörgerät unser Klingeln an der Türe nicht gehört wird.
Unser Anruf bei der Kundin hingegen, den wir vor ihrer Haustür tätigen, wird zum Glück gehört. Das andere Mal bleibt die Tür allerdings verschlossen, weil unser Besuch evtl. vergessen wurde und der Kunde nicht zu Hause ist. Auch dies wird dokumentiert und erfasst.
Bewundernswert finde ich, wie Melanie Kuball trotz hoher sommerlicher Temperaturen stets ein Lächeln auf den Lippen und einen kleinen Scherz parat hat und den Kunden und Kundinnen ihre Anteilnahme am familiären Umfeld zukommen lässt. Je nach individuellen Fähigkeiten beim Gegenüber wird darauf reagiert. Mir wird hier bewusst, dass wir für manche Kundin oder manchen Kunden vielleicht die einzige Abwechslung am ganzen Tag sind.
Ein Satz wirkt tief bei mir nach – so meint eine Kundin, die u. a. eine sehr stark eingeschränkte Sehkraft hat: „Wissen Sie, ich habe den Fernseher nur wegen der Geräuschkulisse an, damit ich nicht ganz im Toten sitze.“
Gleichzeitig merke ich, wie wichtig es ist, in der eigenen Wohnung bleiben zu können. Jede Wohnung hat ihren eigenen Charakter und ihre eigene Geschichte. Ich sehe die Hochzeitsfotos, Fotos des verstorbenen Partners und Aufnahmen von den Kindern und Enkelkindern.
„Diakoniestation Stuttgart … Ihr Partner für ein selbstbestimmtes Leben zuhause“ – diese Worte füllen sich für mich an diesem Tag mit Leben.
Voller Eindrücke fahre ich mit Melanie Kuball nach circa zwanzig Hausbesuchen zurück in den Pflegebereich. Ich denke an zwanzig Gesichter, zwanzig Wohnungen, zwanzig Lebensgeschichten.
Sie alle wirken bei mir nach. Nun werden die Wohnungsschlüssel wieder sorgfältig verräumt, Rezepte für Medikamente per Fax beim Arzt bestellt und Informationen im Team ausgetauscht. Im nächsten Quartal wird ein Hausarzt für immer seine Praxis schließen. Es wird besprochen, was dies für Folgen für die Pflegekundinnen und Pflegekunden haben wird.
Ein Kunde ist verstorben … es wird an ihn gedacht. Wenn ich etwas nach einem so kurzen Einblick für mich erkennen kann, dann ist es das, dass hier kein Tag wie der andere ist. Denn man hat mit dem puren Leben und mit Menschen zu tun, und das Feedback kommt direkt, herzlich und auch unverblümt.
Mir persönlich hat dieser Tag viel gegeben und ich kann es nur empfehlen, mal gewohnte Wege zu verlassen und über den Tellerrand zu schauen.
Sylvia Rauscher