Glück im Leben

Das Gefühl des Glücklichseins ist nicht abhängig von unserem Alter.

Und trotzdem bewerten viele Menschen über sechzig ihre persönliche Lebenssituation deutlich positiver als so manch jüngerer Mensch.

Was bedeutet denn Glück?

Handelt es sich dabei um dieses oberflächliche Gefühl, das einen plötzlich überfallen kann – oft scheinbar nur, um einen gleich wieder zu verlassen? Zahlreiche Menschen würden Glück exakt so beschreiben, als schnell auftretendes, positives Gefühl. Aber Glück lässt sich auch anders beschreiben. Als ein über einen längeren Zeitraum anhaltendes Gefühl der inneren Zufriedenheit – losgelöst und unabhängig von kurzen Phasen, in denen es uns mal nicht gut geht. Somit als ein nachhaltiges Glücksempfinden, durch das sich unsere Grundstimmung auszeichnet. Legt man diese Kriterien zugrunde, geht es Menschen in einem höheren Lebensalter oftmals tendenziell besser als vielen jüngeren Menschen. Diese Sichtweise wurde durch eine Studie bekräftigt, die von Dilip V. Jeste von der Universität von Kalifornien in San Diego veröffentlicht wurde. Dort wurden 1.546 zufällig ausgewählte Menschen im Alter von 21 bis 99 Jahren nach deren Glücksempfinden und Lebenszufriedenheit befragt. Dabei stellte sich heraus, dass ab Mitte vierzig Glück und Zufriedenheit merklich ansteigen.

Alter: Zeit, um neue Wege zu gehen und Dinge gelassener zu sehen

Eigentlich hat das Alter in einer Zeit, in der eher der Jugendwahn allgegenwärtig ist, nicht gerade den besten Ruf. Doch ist die Zeit ab dem Ruhestand heutzutage absolut keine Zeit der Isolation oder des Stillstandes oder gar des Sinnverlustes. Die heute lebenden Senioren sind wohl selbstbewusster und aktiver als alle Generationen zuvor. Sie bereisen zahlreiche Länder und kümmern sich ehrenamtlich sehr stark um bedürftige Mitmenschen. Zudem haben sie viele Interessen und unterstützen häufig ihre Kinder und Enkelkinder. Neuen digitalen Entwicklungen und Technologien gegenüber sind sie zudem aufgeschlossen. Manches funktioniert in den späteren Jahren sogar besser als früher. Heute wissen wir, dass ältere Menschen aufgrund ihrer langen Lebenserfahrung ausgewogener urteilen und einen Sachverhalt erst von allen Seiten betrachten, bevor sie eine Entscheidung treffen. Bei Problemen im zwischenmenschlichen Bereich nehmen sie häufig eine eher vermittelnde Rolle ein.

Glueck im Leben 1

Ein positives Selbstbild verschafft mehr Glück im Alter

Wie man seine persönliche Situation definiert, hat viel mit dem Bild zu tun, das man sich selbst insbesondere vom Alter macht. So haben Forschende herausgefunden, dass ältere Menschen deutlich langsamer und auch gebeugter gehen, wenn man sie zuvor mit typisch negativen Altersbildern konfrontiert hatte. Zudem waren erbrachte Gedächtnisleistungen schlechter, wenn zuvor über die sinkende Merkleistung im Alter berichtet wurde. Diese lebensnahen Beispiele weisen darauf hin, wie bedeutend es für Senioren sein kann, mit einer bejahenden und positiven Grundeinstellung auf das eigene Lebensalter zu schauen. Natürlich bestehen persönliches Erleben und alltägliche Erfahrungen im Alter nicht nur aus eitel Sonnenschein. Viele einschneidende Erfahrungen – etwa Einsamkeit und Verlusterfahrungen, wenn der Partner stirbt – prägen im besonderen Maße diese Lebensphase.

Unser Motto lautet: „Diakoniestation Stuttgart, Ihr Partner für ein selbstbestimmtes Leben“

Selbstbestimmtheit bedeutet auch, dass ein Mensch eigenständig die für ihn relevanten Entscheidungen treffen kann. Den Raum hierfür zu schaffen, ist sehr wichtig für eine tiefe und anhaltende Zufriedenheit. Oftmals ist sie das Letzte, was bleibt oder das, was wirklich zählt! Immer wieder erlebe ich, dass unsere Kund:innen sich ganz bewusst dafür entscheiden, in ihrer Wohnung zu bleiben und selbst im fortgeschrittenen Alter und trotz diverser Einschränkungen nicht in ein Pflegeheim umzuziehen. Im Alter kann die Selbstbestimmtheit aber eingeschränkt sein. Schwere Krankheiten oder eine Pflegebedürftigkeit können sie zunächst einschränken. Schon die Angst vor diesem Verlust kann zu Sorgen führen. Allerdings: Wirklich komplett verloren geht die Fähigkeit, die „eigenen Entscheidungen zu treffen“, eigentlich nie. Auch sehr stark eingeschränkte und durch Krankheit gezeichnete Menschen haben immer noch Möglichkeiten, ihren Willen zu äußern und durchzusetzen.

Gelassenheit: Die eigenen Wünsche und Ziele anpassen

Ein weiteres wichtiges Merkmal ist eine oftmals natürliche Gelassenheit, die das Alter mit sich bringen kann. Während jüngere Menschen eine permanente Rastlosigkeit antreibt, haben Ältere oftmals gelernt, was sich verändern lässt und wo Begrenzungen akzeptiert werden sollten. Diese akzeptierende Grundhaltung kann dazu führen, dass es besser gelingt, die eigenen Wünsche im Rahmen der Möglichkeiten in Übereinstimmung zu bringen – und damit letzten Endes mehr echte Zufriedenheit zu erlangen.

Rückblick: Mit dem Leben im Reinen sein

Ein Plan für die Zukunft ist sicher vorteilhaft. Ebenfalls bedeutend für die Zufriedenheit scheint aber zudem eine positive Rückschau auf die eigene Biografie zu sein. Vermutlich kennt jeder die Momente im eigenen Lebenslauf, in denen er sich im Nachhinein besser anders entschieden hätte. Wichtig für eine positive Grundstimmung ist es aber, eine positive Bilanz zu ziehen und verpassten Gelegenheiten nicht nachzutrauern. Das bedeutet natürlich nicht, negativ Erlebtes zu verdrängen. Wer von anhaltend schlechten Erfahrungen geplagt wird, sollte diese möglichst aktiv angehen und aufarbeiten. In schweren Situationen können professionelle Seelsorge oder Psychotherapie helfen. Mit welcher Einstellung jemand die eigene Biografie nebst Lebensumständen sieht, ist vor allem ein Persönlichkeitsmerkmal. Einige Menschen bringen diese positive Grundhaltung von sich aus mit, andere nicht. Wer diese hilfreichen Eigenschaften nicht in sich trägt, wird sich diese nicht so ohne Weiteres sofort aneignen können. Dennoch lohnt es sich, daran zu arbeiten: Ein glückliches und erfülltes Leben im Alter geschieht nicht einfach von allein. Das ist ein Ziel, das uns immer wieder die Bereitschaft abverlangt, auch Veränderungen in unserem Leben zu akzeptieren und zuzulassen.

Marc Ellinghaus