Begegnungen auf Augenhöhe

Begegnungen auf Augenhöhe

Respektvolle Begegnungen – vom Umgang mit behinderten Menschen

Stets den Menschen sehen

Immer wieder werden gehörlose, blinde oder gehbehinderte Menschen auf ihre körperlichen Einschränkungen reduziert. Das Umfeld sieht dann nur diese körperliche Einschränkung. Sicher kann eine Behinderung auch durch eine akute oder chronische Erkrankung entstehen. Tatsache aber ist, dass sich viele Menschen mit Behinderung nicht krank, sondern gesund fühlen.

Machen wir uns bewusst, dass eine körperliche oder geistige Einschränkung nicht die Identität einer Person ausmacht. Menschen haben individuelle Eigenschaften, zeichnen sich durch ihr Denken, ihr Fühlen und ihr Handeln aus. Deshalb ist nach meiner Ansicht die Beschreibung „Mensch mit Behinderung“ sehr viel einfühlsamer und vor allem deutlich respektvoller als die Bezeichnung „Behinderter“.

Klarer formulieren

Unsere Verständigung findet meist über die sprachliche und über die Ebene von sichtbaren Impulsen statt. Bei Menschen mit einer Sehbehinderung fehlen diese sichtbaren Informationen. Mit der Aufforderung „Komm, wir gehen da vorne in das Café“ kann ein Mensch mit einer Sehbehinderung unter Umständen nichts anfangen.

Menschen mit einer Sehbehinderung sind auf möglichst konkrete Beschreibungen angewiesen, um sich in einer für sie fremden Umgebung gut orientieren zu können. Nachfolgend möchte ich einige typische Beispiele dafür geben: „In etwa zehn Metern kommt auf der rechten Seite ein schönes Café“ oder „In zwei Metern geradeaus kommt die Eingangstür“. Beim irgendwo Beisammensein sollten wir auf jeden Fall Bescheid geben, wenn wir unseren Platz verlassen. So vermeiden wir die Situation, dass sich unser Gegenüber später mit einem leeren Stuhl unterhält, weil es denkt, wir seien noch da. Das wäre für einen blinden Menschen sehr unangenehm.

Bei der Begrüßung sollten wir die Körpersprache des Menschen beobachten und fragen „Wollen wir Händeschütteln?“ Bedenken wir hierbei gleichzeitig, dass der Handschlag für unser Gegenüber auch eine Möglichkeit ist, um Informationen über uns zu erhalten und um uns besser wahrzunehmen. Bei einem Ortswechsel könnten wir fragen: „Darf ich Ihnen meinen Arm anbieten?“.

Guter Umgang mit Behinderten Mitmenschen

Immer mit dem richtigen Menschen sprechen

In meinem Umfeld habe ich erlebt, dass nichtbehinderte Menschen zunächst mit den Begleitpersonen den Kontakt aufnehmen, also über den Menschen mit Behinderung hinweg – ganz so, als ob dieser gar nicht für sich selber sprechen könnte. Ich denke, dass ein solches Verhalten verletzend sein kann.

Wichtig wäre es, den Menschen mit Behinderung direkt anzusprechen. Bei einer Höreinschränkung etwa sollten Sie mit dem Menschen langsam, deutlich und etwas lauter als gewöhnlich reden. Einige Betroffene verfügen über ein reduziertes Gehör und benutzen Hörhilfen. Für Menschen ganz ohne Gehör ist der Blickkontakt besonders wichtig. So kann eine große Zahl der Betroffenen viele Worte sogar von den Lippen ihres Gesprächspartners ablesen. Wenn wir mit Menschen im Rollstuhl oder auch mit sehr kleinen Menschen sprechen, sollten wir uns bemühen, dass wir uns auf die gleiche Augenhöhe begeben, beispielsweise, indem wir uns setzen.

Unterstützen nur nach Absprache

Dem Rollstuhlfahrer über ein Hindernis hinweghelfen, einem körperlich eingeschränkten Menschen die schweren Getränketüten auf das Band an der Supermarktkasse räumen – das ist für die meisten von uns bestimmt eine Hilfestellung, die wir gern leisten würden. Aber wollen die betroffenen Menschen in dem Moment denn eigentlich, dass wir ihnen in dieser Situation helfen?

Wie also können wir unsere Hilfe besser anbieten?

Zunächst sollten wir freundlich nachfragen, ob die Person unsere Hilfe benötigt und wenn ja, welche Unterstützung gewünscht wird. Unsere Hilfsbereitschaft sollte dabei nicht bevormundend wirken. Im Gespräch ist es wichtig, dass wir auch immer Blickkontakt aufnehmen, um die Reaktion unseres Gegenübers auf unser Hilfsangebot erkennen zu können. Akzeptieren Sie freundlich, wenn jemand Ihre Hilfe nicht in Anspruch nehmen möchte.

Einfach normal reden

Wir dürfen ruhig „Auf Wiedersehen“ zu einem Menschen mit einer Sehbehinderung sagen oder den/die Rollstuhlfahrer:in fragen, ob er/sie mit uns „spazieren gehen“ möchte. Diese bekannten und alltäglichen Formulierungen werden in der Regel von Menschen mit einer körperlichen Einschränkung akzeptiert und sie stören sich nicht daran.

Unterhaltung

Reine Neugier ist bei Gesprächen mit Menschen, die eine Behinderung haben, ein Tabu. Wir sollten unser Gegenüber nicht fragen, warum oder seit wann es seine Behinderung hat. Wenn der Betroffene darüber sprechen möchte, wird er über diese Details zu seiner Person von sich aus berichten. Das intensive Beobachten oder auch das mitleidige Wegsehen von Menschen mit einer körperlichen Einschränkung sollten wir vermeiden, es kann die Betroffenen unter Umständen verletzen.

Marc Ellinghaus